Mittwoch, 11.11.09
20.00 Uhr

LILA STUNDE
WER IST DIE SCHÖNSTE? MISS-WAHLEN IN DER DDR

Sendung vom 24.06.1990

„Weil umschalten nervt“ sendete DT64 ab dem 1.4.1990 rund um die Uhr. Inmitten der beginnenden Diskussionen darüber, was im Zuge der Wiedervereinigung aus dem Rundfunk der DDR werden würde, wagten die Macher von DT64 die Flucht nach vorn. Ohne zusätzliches Personal einzustellen, erweiterten sie ihr Programm und begannen mit Investoren wie dem niedersächsischen Privatradio FFN und der UFA zu verhandeln.
Eine neue Farbe im Programm des Senders war die von Astrid Luthardt und Tanja Braumann entwickelte Frauensendung „Lila Stunde“: „Eine Sendung nicht nur für Frauen und Mädchen. Ein Magazin zur Emanzipation des Menschen, gemacht von Hexen“, die im politischen Leben Gleichstellung statt Gleichheitsduselei fordern. In der taz versprach Tanja Braumann damals, “nicht moralisierend oder erziehend über die Köpfe hinwegzuphilosophieren, sondern offen mit vielen ins Gespräch kommen zu wollen“. Verbissener Feminismus sei nicht im Interesse der Sendung.
Mit der Öffnung der Grenzen sahen sich die Frauen in der DDR vor allem in Anbetracht von Werbung, Zeitschriften, Film und Fernsehen mit einem westlich geprägten Frauenbild konfrontiert, das ihr Selbstverständnis massiv infrage stellte. So waren Misswahlen in der DDR über lange Zeit ganz generell und offiziell als „Erniedrigung und Ausbeutung der Frau durch den Kapitalismus“ verpönt. Nachdem die ersten Schönheitswettbewerbe zunächst ganz unscheinbar als Kulturabende angekündigt wurden, kam es 1986 schließlich doch zur ersten Miss-Wahl in der DDR. Im Februar 1990 fand dann eine von den Medien viel beachtete Miss Berlin/DDR-Wahl statt, aus der Susanne Körbs als Siegerin hervor ging. In der Lila Stunde berichtet sie über ihre Erfahrungen.

Dialog mit TANJA BRAUMANN UND MAGDALENA KEMPER

Nach der Präsentation der Sendung rekonstruieren Tanja Braumann und Magdalena Kemper die denkbar unterschiedlichen Perspektiven von Frauen aus Ost und West unmittelbar nach der Friedlichen Revolution und überlegen, was in den letzten 20 Jahren passiert sein könnte.

Tanja Braumann war von 1971 - 1992 bei DT64. Sie war Redakteurin, Moderatorin und von 1986 - 1989 Leiterin der Redaktion Abend/Wort und Kultur. Aufgrund mehrerer Sendungen, für die sie entweder selbst verantwortlich zeichnete oder die sie unterstützt und freigegeben hatte, bekam sie im Juli 1989 Hausverbot und durfte das Funkhaus nicht mehr betreten. Mittlerweile leitet sie seit über zehn Jahren ein von ihr gegründetes Gesundheitszentrum in Dresden.
MAGDALENA KEMPER hat Germanistik studiert. Sie ist seit 1973 Radiojournalistin in Berlin. Seit über dreißig Jahren arbeitet sie für die Sendung "Zeitpunkte", ein frauenpolitisches Magazin, das in Ergänzung zum Tagesprogramm die Welt aus weiblicher Sicht in vielfältigen journalistischen Formen anbietet.